Zwangsräume
Antisemitische Wohnungspolitik in Berlin 1939–1945
Online-Ausstellung ab
16.10.2023
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Karlshorst entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Vorort Berlins. Das zweigeschossige Reihenhaus in der damaligen Prinz-Heinrich-Straße lag direkt an der Bahntrasse nach Frankfurt/Oder.
Ab 1930 gehörte das Haus Valeska Levy, die hier mit ihrem Ehemann Max Levy lebte. Vor 1939 wohnten bereits sechs jüdische Personen im Haus. Nach 1939 zogen weitere neun Juden:Jüdinnen ein – vermutlich zwangsweise. Zehn jüdische Bewohner:innen wurden aus dem Haus deportiert. Nur eine von ihnen überlebte.
Valeska und Max Levy lebten in einer 6-Zimmer-Wohnung. Sie hatten nach 1939 mehrere Untermieter:innen in ihrer Wohnung. Im Oktober 1940 zog das Ehepaar Nanny und Max Wiener in zwei möblierte Zimmer ein. Am 1. Juni 1942 kamen Margot und Rudolf Nothenberg mit ihrem kleinen Sohn Gerd hinzu. Sie lebten in zwei weiteren Zimmern der Wohnung. Vermutlich war Margot Nothenberg, geb. Levy, mit Max Levy verwandt. Ein weiteres Zimmer bewohnte Margarete Goldstein. Sie und Nanny Wiener wohnten am längsten in der Wohnung. Am 1. März 1943 wurden beide Frauen nach Auschwitz deportiert.
Etwa einen Monat nach ihrer Deportation beschädigte eine Bombe die Fenster der Wohnung. Da Margarete Goldsteins Zimmer noch versiegelt war, erkundigte sich der neue Besitzer des Hauses, Alfred Mätzner, ob er es betreten dürfe, um den Schaden zu begutachten.
„Das Zimmer der Untermieterin Goldstein ist verschlossen. Durch Bombenschaden ist das Fenster offen und eine Scheibe zerbrochen. Die Schlüssel habe ich im verschlossenen Umschlag. Das Zimmer ist nicht geräumt. (Auch Zimmer Wiener ist nicht geräumt). Darf ich es betreten?“
Vermutlich war dies die Wohnung von Irmgard Riegner. Sie emigrierte Anfang 1940 nach Großbritannien. Bei der Wohnung handelte es sich um eine sogenannte Kochstube – eine kleine 1-Zimmer-Wohnung mit integrierter Küche.
Ab März 1940 wohnte dort das Ehepaar Rahel und Leib Charytan. Im Jahr zuvor waren beide noch im 500 Kilometer entfernten Wilhelmshaven (Ostfriesland) gemeldet. Leib Charytan wurde vermutlich im Zuge der Novemberpogrome 1938 verhaftet und ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Einen Monat später wurde er wieder entlassen. Rahel Charytan wurde am 2. März 1943 nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Zehn Tage später wurde auch ihr Mann nach Auschwitz deportiert und dort am 19. Mai 1943 ermordet.
Im Bezirk Lichtenberg, zu dem der Ortsteil Karlshorst gehörte, wohnten vergleichsweise wenige jüdische Menschen. 1933 war nur knapp ein Prozent der Lichtenberger Bevölkerung jüdisch. In konkreten Zahlen waren das 2.208 Menschen. Bis Mai 1939 verringerte sich diese Anzahl auf 563 jüdische Menschen. Zum Beginn der Deportationen 1941 lebten nur noch 340 Juden:Jüdinnen in Lichtenberg.
Johanna A. Kühne
1.6.1889 in Zaleskawola
Deportation am 12.3.1943 nach Auschwitz, ermordet am 19.5.1943
28.12.1889 in Antoniki
Deportation am 2.3.1943 nach Auschwitz, dort ermordet
8.9.1897 in Berlin
Deportation am 29.11.1942 nach Auschwitz, dort ermordet
28.2.1902 in Neapel
Deportation am 1.3.1943 nach Auschwitz, dort ermordet
21.3.1874 in Friedebergschbruch (Zółwin)
Deportation am 3.10.1942 ins Ghetto Theresienstadt, umgekommen am 24.1.1943
17.2.1876 in Falkenburg in Pommern (Złocieniec)
Deportation am 3.10.1942 ins Ghetto Theresienstadt
Überlebte
21.12.1935 in Berlin
Deportation am 19.10.1942 ins Ghetto Riga, ermordet am 22.10.1942
11.7.1911 in Berlin
Deportation am 19.10.1942 ins Ghetto Riga, ermordet am 22.10.1942
10.4.1903 in Berlin
Deportation am 19.10.1942 ins Ghetto Riga, ermordet am 22.10.1942
13.3.1918 in Berlin
1940 Flucht nach Großbritannien
Überlebte
21.6.1882 in Ratibor
Deportation am 28.6.1943 nach Auschwitz, dort ermordet
11.4.1894 in Johannisburg
Deportation am 1.3.1943 nach Auschwitz, dort ermordet
Online-Ausstellung ab
16.10.